Käthe Kollwitz und die Kohlezeichnung

Weil Holzstäbchen verkohlen können, sind sie für die bildende Kunst als Zeichenstifte seit Urzeiten einsetzbar. Und weil Kohlezeichnungen bis zum 15. Jahrhundert schnell verstaubten und verwischten, waren sie der Vergänglichkeit unterworfen. Erst, als es Möglichkeiten gab, diese Werke in ein Leimbad einzulegen oder mit Leim zu bepinseln, standen die ersten Techniken des Fixierens zur Verfügung. Im Italien des 16. Jahrhunderts wurde die Kohle in Öl getränkt. Die Zeichnung verwischte dadurch nicht mehr. Heutzutage wird sie durch ein Spray fixiert und ist deshalb lange haltbar. Die Zeichenkohle wird also auch im 21. Jahrhundert immer noch gern als Stift eingesetzt. Sie ist heute oft aus Holzkohlepulver zu Stangen gepresst, die verschiedene Härtegrade aufweisen und damit auch für unterschiedliche Strichführungen verwendet werden können.

Der Schrei in der Kohlezeichnung

Eine der bekanntesten deutschen Künstlerinnen, die Kohlestifte einsetzten, war Käthe Kollwitz (1867 bis 1945). Sie fertigte damit Selbstporträts an. Auch nutzte sie die Kohlezeichnung, um die Zeichen der Zeit hervorzuheben – die Verzweiflung, die Angst, den Tod. So wurden Werke wie ‚Überfahrenes Kind. Mutter mit totem Kind, inmitten einer Volksmenge’, eine Kohlezeichnung auf gelblichem Ingres-Papier, und ‚Erlösung. Eine Frau eine Sterbende haltend’ als Kohlezeichnung auf olivgrünem Ingres-Papier stellvertretend zum Schrei all dessen, was die Künstlerin selbst in den Jahren des Ersten und des Zweiten Weltkriegs erlebte. Dazu gehörte auch der Verlust ihres Sohnes Peter, der 1914 in der Ersten Flandernschlacht fiel.

Dass der Kohlestrich in die Zeit von Käthe Kollwitz passte, ist nachvollziehbar. Er konnte Schwere ausdrücken und die Stimmung der Menschen in jenen Jahrzehnten wiedergeben.

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